Promotionen
.Ege Karar (gehörlos) - „Taub, Türkisch und Muslimisch“ (Promotionsstipendium aus dem Diversity Fund der RWTH Aachen)
Die Dissertation von Ege Karar untersucht mithilfe von empirischen Forschungsmethoden den Einfluss von Sprachmodalität (Lautsprache und Gebärdensprache), ethnischer Herkunft (mit vs. ohne Migrationshintergrund) und Religion (Muslime vs. Nicht-Muslime) auf die Kommunikation und Identität. Welche Rollen spielen Religion, Sprachmodalität und Migrationshintergrund im alltäglichen öffentlichen und privaten kommunikativen Handeln und welche möglichen Vor- und Nachteile bringen diese Aspekte in Bezug auf verschiedene Dimensionen des Selbstkonzeptes, wie beispielsweise der persönlichen und sozialen Orientierung, der sozialen Identitätsentwicklung oder den Identitätsstatus? Entwickeln beispielsweise taube Muslime eine transkulturelle Identität, die auf drei oder vier Kulturen (deutsche, türkische, gebärdensprachliche und muslimische Kultur) basiert?
Das Promotionsvorhaben wird von Prof. Dr. Irene Mittelberg und Prof. Dr. Klaus Willmes-von Hinckeldey betreut.
.Kirsten Zäh (gehörlos) - „Deutsche Gebärdensprachkultur und ihre Auswirkungen auf Inklusion“ (Promotionsstipendium aus dem Diversity Fund der RWTH Aachen)
Kirsten Zäh beschäftigt sich in ihrer Dissertation vorrangig mit dem Zusammenhang zwischen kultureller Identität und Sprache in der deutschen Gebärdensprachgemeinschaft. Dieses Dissertationsprojekt umfasst am Beispiel der Gebärdensprachgemeinschaft in Deutschland nicht nur eine erstmalige Bestandsaufnahme der Beschreibung und empirische Untersuchung der Indizien und Einflussfaktoren, die zur Selbstzuschreibung der Gebärdensprachverwender als kulturelle Gemeinschaft führen, sondern untersucht insbesondere die Auswirkungen dieser Selbstzuschreibungen für die Gemeinschaft sowie die Konsequenzen, die auf die Integrations- und Inklusionsbemühungen durch die Gesellschaft zurückzuführen sind. Diese Konsequenzen betreffen sowohl das Selbstverständnis der Gebärdensprachgemeinschaft als Gruppe mit einer kulturellen Identität als auch die Infragestellung bisheriger kultur- und sozialwissenschaftlicher Konzepte. Gibt es zum Beispiel einen Widerspruch zwischen der Selbstbezeichnung als sprachlich kulturelle Minderheit und dem gesellschaftlich weit verbreiteten
medizinischen Status als Behinderte?
Das Promotionsvorhaben wird von Prof. Dr. Ludwig Jäger und Prof. Dr. Klaus Willmes-von Hinckeldey betreut.
Svetlana Matiouk (hörend) - „Deaf Inspiration Rooms – Empirically Grounded Conceptual Framework
for Designing for and with Deaf Signers“
Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist die Untersuchung der Wechselwirkung zwischen linguistischer, soziokultureller Praxis tauber Gebärdensprecher und der Gestaltung von digitalen Technologien. Dabei wird nicht nur eine entsprechende, derzeit existierende Forschungslücke anvisiert, sondern auch Bedarfe aus der Entwicklungspraxis gedeckt. Im Sinne des letzteren werden theoretische Konzepte elaboriert, welche den – überwiegend hörenden – Technologiegestaltern ein besseres Verständnis der sprachkulturellen Praxis Gehörloser im Zusammenspiel
mit Aneignungaphänomenen von digitalen Medien vermitteln sollen. Da heutzutage diese Wechselwirkung noch wenig erforscht ist und es sich um ein sozial komplexes dynamisches Phänomen handelt, das eine holistische Betrachtungsweise bedarf, wird bei dieser Arbeit mit den Methoden aus der qualitativen Sozialforschung – d.h. offen und explorativ – vorgegangen. Infolge dieser praxisnahen Langzeitstudie ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit die im Bereich Mensch- Maschine-Interaktion noch übliche Auffassung der Gehörlosigkeit neu zu denken: Taube Gebärdensprecher können als Experte für Visuelles, Räumliches und Körperliches für die Zwecke der Technologiegestaltung angesehen werden. Somit adressiert diese Forschungsarbeit nicht nur die bestehenden Herausforderungen, sondern deckt auch die bislang ungenutzten Potentiale der Technologiegestaltung für und mit
Gehörlosen auf.
Das Promotionsvorhaben wird von Prof. Dr. Matthias Jarke und Prof. Dr. Irene Mittelberg betreut.